Plusenergie-Grundschule Niederheide in Hohen Neuendorf
Die erste als Plusenergie-Gebäude geplante Schule Deutschlands zeichnet sich durch eine hoch wärmegedämmte Gebäudehülle, wärmespeichernde Massivbauteile und eine energieeffizient konzipierte Be- und Entlüftungstechnik aus. Das Konzept basiert einerseits auf der Minimierung des Energiebedarfs für das Gebäude und die technischen Anlagen und andererseits auf der geplanten Nutzung lokal verfügbarer, regenerativer Energiequellen.
Steckbrief
Stadt Hohen Neuendorf, Brandenburg
IBUS Architekten und Ingenieure, Berlin
- Energiekonzept & TGA: BLS Energieplan, Berlin
- Tragwerksplanung: STB & Partner
- Ökobilanz, Lebenszyklusanalyse: Ascona GbR
- Begleitforschung: sol·id·ar planungswerkstatt
- Raumakustik: D. Hennings
BNB Gold Version 2013 Pilotanwendung
solidar planungswerkstatt
Gesamt-Erfüllungsgrad ( % ) / nach Hauptkriteriengruppen
Flächen
NGFa
Energie
Ökobilanz (GWP) in kg CO2-Äqu./m²NGFaa
Kosten
Besondere Merkmale
Das Projekt zeichnet sich durch einen sehr hohen Erfüllungsgrad in allen Hauptkriteriengruppen aus.
Dies ist insbesondere für ein nach Fertigstellung bewertetes Gebäude, das nicht in allen Bereichen explizit nach den BNB-Nachhaltigkeitskriterien geplant wurde, ein außergewöhnliches Ergebnis.
Die erste als Plusenergie-Gebäude geplante Schule Deutschlands zeichnet sich durch eine hoch wärmegedämmte Gebäudehülle, wärmespeichernde Massivbauteile und eine energieeffizient konzipierte Be- und Entlüftungstechnik aus.
Das Konzept basiert einerseits auf der Minimierung des Energiebedarfs für das Gebäude und die technischen Anlagen und andererseits auf der geplanten Nutzung lokal verfügbarer, regenerativer Energiequellen.
Die positive Energiebilanz kann durch die Verwendung regenerativer Brennstoffe, innovativer Technologien und den Einsatz einer großflächigen Photovoltaikanlage erzielt werden.
Durch die zeitgleiche Entwicklung von Energie- und Gebäudekonzept konnte ein hoher Integrationsgrad von architektonischem Entwurf und technischer Gebäudeausrüstung erzielt werden.
Bei der Erstellung des Energiekonzeptes stand die Nutzung von natürlichen Prozessen und passiven Technologien im Vordergrund, um eine Minimierung der aktiven technischen Komponenten im Sinne einer schlanken Gebäudetechnik zu erreichen.
Das Konzept führt zu einer Steigerung der PE erneuerbar um 350% und zu einer Reduktion der PE
nicht erneuerbar um 71% gegenüber dem Referenzgebäude nach EnEV.
Durch sparsam eingesetzte aktive Systeme werden die Lebenszykluskosten der technischen Anlagen gesenkt und der Energiebedarf des Gebäudes deutlich verringert.
Dies wurde u. a. realisiert durch
- Auslegung der Gebäudehülle in Passivhausstandard
- Gebäudestruktur mit viel Speichermasse
- hybrides Lüftungskonzept
- den kombinierten Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen (Pellet-Heizkessel und Pellet-BHKW)
- Solarenergienutzung über eine dachintegriert PV-Anlage, 55 kWpeak
- außen liegender beweglicher Sonnenschutz
- effektive Beleuchtungssteuerung
Lebenszyklusbetrachtungen auf 50 Jahre:
Vergleichende Berechnung eines Referenzgebäudes nach geltender EnEV 2009 mit der geplanten Plusenergieschule ergab folgende Ergebnisse:
Ökobilanz (LCA):
Reduktion der CO2-Emissionen von 77 % über den gesamten Lebenszyklus für Herstellung und Betrieb.
Lebenszykluskosten (LCC):
Reduktion gesamt ca. 22 %
Reduktion der Betriebskosten ca. 66 %
Den Mehrkosten von ca. 0,9 Mio. € zur Herstellung des Gebäudes stehen Einsparungen von ca. 7,3 Mio. € im Gebäudebetrieb im gesamten Lebenszyklus gegenüber.
Durch die vorsorgliche Auswahl emissionsarmer Bauprodukte und die wirkungsvolle Kombination aus natürlicher und mechanischer Belüftung (Hybridlüftung) wurde eine hohe Innenraumluftqualität erreicht. Die Gesamtbetrachtung aller Indikatoren (Treibhausgaspotenzial, Ozonschichtabbau, Versauerung, Überdüngung, Sommersmog, PE nicht erneuerbar) führte zu einer Halbierung der (negativen) Umweltwirkungen.
Die innere Struktur der Grundschule ist so konzipiert, dass Unterricht als ein durch den Lehrer moderierter und ange-leiteter selbstständiger Prozess gestaltet werden kann.
Differenzierte, teilbare und vielfältig nutzbare Räume ermöglichen verschiedenste Unterrichtssituationen wie z.B. jahrgangsübergreifende Gruppenarbeiten, themenspezifische Projektaufgaben und sind durch Transparenz und Offenheit geprägt.
Die differenzierte Innen- und Außenraumgestaltung hat in der Nachhaltigkeitsbewertung bei den meisten nutzerrele-vanten Qualitäten zu einem sehr guten Ergebnis geführt.
Weiterhin wurde durch die vorsorgliche Auswahl emissionsarmer Bauprodukte und die wirkungsvolle Kombination aus natürlicher und mechanischer Belüftung eine hohe Innenraumluftqualität erreicht.
Eine hohe Flexibilität wird durch differenzierte, teilbare und vielfältig nutzbare Räume geschaffen.
Das hybride Lüftungskonzept verbindet eine mechanische Grundlüftung (6,25 m³/h Pers) mit Wärmerückgewinnung und die natürliche Lüftung über Fenster (6-10facher LW) sowie über eine Lüftungsampel gesteuerte fensterhohe schlanke, motorisch betriebene Lüftungsklappen in den Klassenräumen, die auch zur passiven Nachtkühlung im Sommer dienen.
Die Gebäudehülle wurde im Passivhaus-Standard geplant. Darüber hinaus kamen folgende innovative Materialien in entsprechenden Teilbereichen zum Einsatz:
- Vakuum Isolationspaneele (VIPs)
- Lichtstreuende Nanogel-Elemente als Oberlichter
- Integrierte lichtlenkende Verglasung
- Elektrochrome Verglasung im Bereich der Aula
Der von Beginn des Projekts konsequent verfolgte integrale Planungsprozess spiegelt sich in einem überdurchschnittlichen Ergebnis bei vielen Kriterien der Prozessqualitäten wider und ist letztlich für das herausragende Gesamtergebnis maßgeblich.
Bereits in der Entwurfsplanung wurden akustische Simu-lationen durchgeführt, die es erlaubten, die Nachhallzeiten DIN-gerecht sicherzustellen uns so zu optimieren, so dass die Speicherkapazitäten der Massivdecken dem akustischen Komfort nicht geopfert werden musste.
Projektförderung:
Im Rahmen der Förderinitiative „EnOB - Forschung für Energieoptimiertes Bauen" des BMWi wurde die Planung als Modellbauvorhaben im Themenfeld „Energieeffiziente Schule“ begleitet.
Die Förderung für die Plusenergieschule umfassten folgende Maßnahmen:
- Mehraufwendungen für integrale Planung
- Innovative Technologien (50%)
- zweijähriges energetisches Intensivmonitoring durch eine Hochschule (100%)
Monitoringergebnisse:
Das energetische Monitoring wurde von der Hochschule für Technik und Wirtschaft, HTW Berlin durchgeführt und umfasste folgende Bereiche:
Erfassung des Energieverbrauchs für
- Beleuchtung
- Lüftung mechanisch
- Lüftung natürlich
- Heizung und Kühlung
Behaglichkeitsmessung in ausgewählten Bereichen:
- Lufttemperatur
- Strahlungstemperatur
- Luftfeuchte
- Luftbewegung (punktuelle Einzelmessungen)
Nutzerbefragung im Betrieb zu relevanten Bereichen. Die wichtigsten Ergebnisse und Erkenntnisse sind nachfolgend aufgeführt:
- Die Raumtemperaturen in den Klassenräumen entsprechen sehr guten Behaglichkeitskriterien
- Auch ohne ein aktives Kühlsystem wird ein behagliches Raumklima hergestellt
- das hybride Lüftungssystem erzielt sehr gute Luftqualität
Auszeichnungen:
- 2012 PROM des Jahres
- 2012 Good Practice Energieeffizienz
- 2013 Erstes BNB-Gold Unterrichtsgebäude
- 2013 Kommunaler Klimaschutzpreis